Neue Versorgung Ausgabe Juli 2017 - page 8

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Reportage
te, die die Kompetenz in die Versorgung
der Patientinnen und Patienten lenken
und gleichzeitig der Lebenswirklichkeit
der jungen Ärzte gerecht werden. Ärz-
tinnen und Ärzte, die zu einer 70-Stun-
den-Woche dauerhaft bereit sind, gibt es
weniger. Daher lautet die Perspektive
eher: Arzt oder Ärztin wohnen in der
Stadt, fahren 30 Kilometer zu einem
Teilzeitarbeitsplatz und leisten dort mo-
derne Medizin auf höchstem Niveau.
Für solche Konzepte sind wir auch in Ba-
den-Württemberg in der Breite noch
nicht ausreichend aufgestellt.“
Förderprogramme alleine
reichen nicht aus
Dort, wo die Versorgungslage besonders
bedrohlich ist, versuchen nahezu alle
KVen mit Fördermaßnahmen entgegen-
zuwirken. Die KVBW startete 2015 mit
ihrem Programm „Ziel und Zukunft“
zur Unterstützung von Praxisneugrün-
dungen und -übernahmen, Filialpraxen
oder der Anstellung von Medizinern. Sie
betont in ihrem Versorgungsbericht
2016, dass die Förderung in unterversorg­
ten Gebieten gut angelaufen sei. Bereits
seit 1998 gibt es das bestehende Förder-
programm Allgemeinmedizin, das die
Beschäftigung von Ärzten in Weiterbil-
dung finanziell attraktiver macht. „Das
sind notwendige, aber noch nicht hinrei-
chende Maßnahmen, um den rückläufi-
gen Hausarztzahlen wirksam zu begeg-
nen“, so Dr. Frank-Dieter Braun, Vize-
Chef des Hausärzteverbands und Vorsit-
zender der KV-Vertreterversammlung.
Und er weiß auch, dass der monetäre An-
reiz nicht immer den Ausschlag dafür
gibt, dass jemand aufs Land gehen will.
Der Liebe und der HZV wegen
von München aufs Land
Mit Anfang 50 kann man einen Stand-
ortwechsel durchaus noch wagen, findet
dem Land zusätzlich. Aber wir brauchen
schlicht mehr Studienabgänger mit dem
Berufswunsch Hausarzt, die auch bereit
sind, in ländlichen und strukturschwa-
chen Regionen zu arbeiten, ob selbststän­
dig oder angestellt.“ Hier konkurrieren
wir auch zunehmend mit anderen Bun-
desländern. „Neben der universitären
Stärkung der Allgemeinmedizin müssen
deshalb alle Beteiligten ihre Anstren-
gungen erhöhen und gerade für die kri-
tischen Regionen maßgeschneiderte
Nachfolgelösungen erarbeiten “, so Diet-
sches Appell. Diesbe­züglich sei es sehr
wichtig, dass sich auch die Gemeinden
noch mehr engagieren.
Dr. ChristopherHermann, Vorstandsvor­
sitzender der AOK Baden-Württemberg,
kommentiert: „Es bedarf neuer Konzep-
Gut ist: Es gibt immer mehr junge Ärzte
und Ärztinnen – leider wollen zuwenige
Hausarzt werden. Und viele präferie­ren
eine Festanstellung auf Teilzeitbasis.
Das erhöht die Zahl der benötigten Ärz-
te weiter und erfordert neue Ar-
beits­strukturen. Wo steht das Ländle im
Buhlen um den begehrten Nachwuchs?
Im Südwesten werden in den nächsten
fünf Jahren weitere 1.600 Hausärzte aus
dem Berufsleben ausscheiden. Diese
Zahlen sind nicht neu. Und neu ist auch
nicht die Erkenntnis, dass der Anteil der
Facharztprüfungen im Bereich Allge-
meinmedizin nach wie vor zu niedrig ist,
um diese altersbedingten Abgänge zu
kompensieren. Ein übergeordnetes Ziel
lautet daher: Deutlich mehr Facharztab-
schlüsse in der Allgemeinmedizin, auch
wenn Baden-Württemberg sogar etwas
über dem bundesweiten Durchschnitt
liegt.
„Die HZV ist enorm wichtig für die Auf-
wertung des Hausarztberufs und die
Verbesserung der wirtschaftlichen Rah­
men­bedingungen“, so Dr. Berthold Diet-
sche, Vorsitzender des Hausärztever-
bands Baden-Württemberg. Und Kon-
zepte, wie die unserer speziell qualifi-
zierten VERAHs, entlasten die Ärzte auf
Hausärztlicher Nachwuchs –
es geht voran, aber zu langsam
Ruth Auschra, Michael Reischmann, Jessica Rettig
Anerkennung von Facharztbezeichnungen: zu wenig Allgemeinmediziner!
Baden-Württemberg
2014
2015
2016
Allgemeinmedizin
1
167
198
188
insgesamt
1.549
1.535
1.665
Anteil Allgemeinmedizin in %
10,8
12,9
11,3
bundesweit
2014
2015
2016
Allgemeinmedizin
1
1.218
1.337
1.321
insgesamt
11.726
12.231 12.763
Anteil Allgemeinmedizin in %
10,4
10,9
10,4
1 inkl. Innere und Allgemeinmedizin (Hausarzt)
Quelle: Bundesärztekammer (Stand: 25.4.2017)
1,2,3,4,5,6,7 9,10,11,12,13,14,15,16,17,18,...20
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