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Aus den Verträgen
Bei Patienten mit eingeschränkter
Nierenfunktion ist bei der Arzneimit-
telverordnung erhöhte Aufmerksam-
keit angezeigt. Denn bei einer ganzen
Reihe ausgewählter Medikamente ist
bei diesen Patienten eine Dosisanpas-
sung erforderlich oder es liegt sogar
eine Kontraindikation vor. Ein in die
Praxissoftware integriertes Modul
liefert dem Hausarzt bei Patienten,
die in der Hausarztzentrierten Ver-
sorgung (HZV) eingeschrieben sind,
jetzt einen entsprechenden Hinweis.
Seit Jahren drängen Wissenschaft und
Politik auf Verbesserungen in der Arz-
neimittelverordnung bei Patienten mit
chronischer Niereninsuffizienz. Der
Grund: Etwa fünf Prozent aller statio-
nären Aufnahmen stehen im Zusam-
menhang mit unerwünschten Arznei-
mittelwirkungen. Bei etwa der Hälfte
dieser Patienten wurde nicht beachtet,
dass es sich um Patienten mit einge-
schränkter Nierenfunktion handelt,
erläutert Prof. Dr. med. Wilhelm-
Bernhard Niebling, niedergelassener
Allgemeinarzt in Titisee-Neustadt und
Mitglied im Vorstand des Hausärzte-
verbandes Baden-Württemberg. „Das
sind zwar keine großen, aber dennoch
relevante Zahlen“, sagt Niebling, der
seit 2007 auch Mitglied im Vorstand
der Arzneimittelkommission der deut-
schen Ärzteschaft (AkdÄ) ist. In Alten-
und Pflegeheimen treten bei schät-
zungsweise jedemvierten Bewohner un-
erwünschte Arzneimittelereignisse auf.
Auch hier wäre etwa die Hälfte ver-
meidbar, wenn die Nierenfunktion bei
der Erst- oder Folgeverordnung beach-
tet würde, meint Niebling.
Vor diesem Hintergrund wurde auf
Initiative des Hausärzteverbandes und
MEDI ein AMTS-Modul (ArzneiMit-
telTherapieSicherheits-Modul) für die
Praxissoftware entwickelt, das in einer
Pilotphase zunächst für die HZV-Ver-
sicherten der AOK in Baden-Württem-
berg getestet wurde. Seit dem 1. April
2015 steht das AMTS-Modul nun auch
für Versicherte der Bosch BKK und
BKK VAG zur Verfügung.
Neues AMTS-Modul in Praxissoft-
ware unterstützt den Hausarzt
Das AMTS-Modul unterstützt den
Hausarzt bei der Betreuung von Pati-
enten, indem es einen Hinweis auf den
aktuellen GFR-Wert eines Patienten
liefert. Grundlage der Berechnung ist
der zuletzt gemessene Serum-Kreati-
ninwert. Sollte der Patient anhand der
verfügbaren Laborwerte eine einge-
schränkte Nierenfunktion aufweisen,
bekommt der Hausarzt bei der Verord-
nung bestimmter, ausgewählter Medi-
kamente einen Hinweis, dass für die-
ses Medikament bei eingeschränkter
Nierenfunktion eine Dosisanpassung
erforderlich ist beziehungsweise eine
Kontraindikation vorliegt. Das AMTS-
Modul wird durch jede Arzt-Praxissoft-
ware unterstützt und muss nicht geson-
dert aktiviert werden.
Individualisierte Hinweise
für die Patienten
In herkömmlichen Praxisverwaltungs-
systemen gibt es zwar auch Inter-
aktions-Checks. Das Besondere am
AMTS-Modul ist jedoch der indivi-
dualisierte Hinweis auf eine mögli-
cherweise bestehende Gefährdung des
einzelnen Patienten mit eingeschränk-
ter Nierenfunktion. „Wir verknüpfen
automatisch die aktuellen Laborwerte
aus dem Labormodul mit der Verord-
nung eines Medikaments, das über die
Nieren ausgeschieden wird und das bei
einer höhergradigen Einschränkung
der Nierenfunktion entsprechend in
der Dosierung reduziert oder das Do-
sis-Intervall verlängert werden muss“,
erläutert Niebling. Unter Umständen
kann der Hausarzt auch auf ein ande-
res Medikament ausweichen, das nicht
über die Niere verstoffwechselt wird.
In KV kein vergleichbares System
Schon bei der Konzipierung der elek-
tronischen Gesundheitskarte wurde
die Problematik der eingeschränkten
Nierenfunktion thematisiert. Bekannt-
lich ist daraus nichts geworden. Ein
vergleichbares System gibt es daher
im KV-System bis heute nicht. „Wir
Mehr Sicherheit
bei der Arzneimitteltherapie
Jürgen Stoschek
Achtung: Nierenfunktion beachten!