Neue Versorgung Ausgabe Dezember2015 - page 9

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Aus den Verträgen
Im Dialog
entnommenen Gewebeproben wird dann
baldmöglichst nachgereicht“, berichtet
Meinikheim. Damit nicht genug: „Wir
verweisen die Patienten inzwischen im-
mer zuerst zum Hausarzt, wenn sie bei
uns einen Termin haben wollen. Der
Hausarzt kennt die Patienten am besten,
er ist der Koordinator und kann das ein-
schätzen“, betont der Gastroenterologe.
Positiv bewertet er auch die jährlich statt-
findende Darm-Check-Aktion zur För-
derung der Vorsorgekoloskopien: „Das
ist eine gute Sache für die Patienten und
uns Ärzte.“
Ein wesentliches Element in den Haus-
arzt- und Facharztverträgen sind die
leitlinienorientierte Behandlung und die
Therapiepfade der Fachärzte. Zur Ver-
besserung der Patientenbetreuung wer-
den dort Wiedereinbestellungsintervalle
bei bestimmten Krankheitsbildern wie
zum Beispiel Herzinsuffizienz festgehal-
ten. Doch wissen die Hausärzte, welche
Standards im jeweiligen fachärztlichen
Bereich gelten? „In der Regel wissen
wir als Hausärzte davon nichts“, sagt Dr.
med. Volker Slatosch, Facharzt für Allge-
meinmedizin aus Esslingen. Wichtig sei
aber, dass die empfohlenen Termine zur
Wiedereinbestellung im Arztbrief ste-
hen. „Da hat sich in den letzten Jahren
durch die Selektivverträge wirklich was
verbessert“, berichtet Slatosch.
Warten auf die
elektronische Vernetzung
Doch nicht immer läuft es in der tägli-
chen Praxis so, wie sich die Macher der
Hausarzt- und Facharztverträge das vor-
gestellt haben. Die Diskussionsrunde
benennt hier beispielsweise die struktu-
rierten Arztbriefe und Befundberichte,
die in die Vertragssoftware eingebun-
den sind, um die Abstimmung zwischen
Hausarzt und Facharzt zu unterstützen.
Das Formular für den Hausarzt fragt
strukturiert alle wesentlichen Infor-
mationen ab, die der mitbehandelnde
Facharzt benötigt. Das sei grundsätzlich
wichtig und notwendig, um die Zusam-
menarbeit zu optimieren. Im Alltag wer-
de es allerdings noch zu selten genutzt,
weil ein zusätzliches Formular ausgefüllt
werden muss.
Heißt das, dass die Patienten mit leeren
Händen zum Kardiologen gehen? „Nein,
natürlich nicht“, erklärt Dr. med. Wolf-
gang Bosch, Facharzt für Allgemein-
medizin aus Ostfildern. „Wir haben im
Qualitätszirkel mit den Kardiologen da-
rüber gesprochen und die haben uns ge-
sagt, welche Informationen sie von uns
benötigen, zum Beispiel, welche Labor-
werte erhoben werden sollen und welche
Medikamente dem Patienten verordnet
wurden.“ Auch das trage zur weiteren
Verbesserung der Zusammenarbeit bei.
„Das ist bei uns angekommen“, sagt
Bosch. Die Patienten bekommen des-
halb entsprechende Ausdrucke aus der
Praxis-EDV mit all den Informationen,
die der Kardiologe benötigt. Das ist nach
Ansicht von Bosch eine pragmatische
Lösung, die ohne einen größeren zusätz-
lichen Aufwand im Praxisalltag umge-
setzt werden kann, solange es noch keine
elektronische Vernetzung der Praxen
gibt.
Patienten, die vom Hausarzt an den
Facharzt überwiesen werden, vergessen
oftmals das Begleitschreiben, das ihnen
der Hausarzt mitgegeben hat, so die
Erfahrung des Gastroenterologen Mei-
nikheim. „Die Überweisung bringen sie
aber mit.“ Aus diesem Grund schreibt
Hausarzt Slatosch wichtige Angaben
auch auf den Überweisungsschein.
Dass die elektronische Vernetzung not-
wendig ist, sieht auch Meinikheim so:
„Die Patienten wissen oft nicht, was sie
einnehmen“, sagt er. „Wenn sämtliche
Medikamente, stattgefundene Operatio-
nen, wesentliche Vorerkrankungen und
alleVoruntersuchungen inelektronischer
Form über eine Vernetzung der Praxen
zur Verfügung stünden, würde dies sicher
viele Doppeluntersuchungen ersparen“,
erwartet der Gastroenterologe.
Heute wisse er zunächst einmal nicht,
ob und welche Antibiotika verordnet
wurden oder ob der Patient Blutverdün-
nungsmittel einnimmt. Da die Gastro-
skopie am selben Tag stattfindet, sei das
ein Problem, so Meinikheim.
Auch Bosch unterstreicht diesen Punkt:
„Wir hätten einen immer aktuellen Me-
dikationsplan“, meint er. Grundsätz-
lich werde die Medikationsliste vom
Hausarzt geführt und dem Patienten
zusammen mit der Überweisung zum
Facharzt mitgegeben. Eine zusätzliche
Verordnung durch den Facharzt sollte
dann im Arztbrief stehen, „so dass wir
das dann wieder zusammenführen kön-
nen“, so Bosch. Leider komme es jedoch
gelegentlich vor, dass der Facharzt ein
zusätzliches Medikament verordnet, was
aber dann nicht im Arztbrief erwähnt
wird. Bei einer elektronischen Vernet-
zung sollte so etwas nicht mehr passie-
ren, so seine Erwartung.
Engere Patientenführung
und schnellere Termine
Ausdrücklich positiv wird von der Ge-
sprächsrunde der Rückgang des „Ärzte-
Hoppings“ kommentiert: „Früher war
das ein Chaos. Die Patienten sind von
einem Facharzt zum anderen gelaufen
und haben uns nicht gesagt, wo sie schon
überall waren“, erinnert sich Slatosch.
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