Neue Versorgung Ausgabe Juli 2016 - page 9

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Im Dialog
anzugeben. Ziel ist es, Versorgungsschwer-
punkte hinsichtlich der Morbidität von
Patienten abzubilden. In diesem Sinn
wirkt die konkrete Vertragsausgestal-
tung in Baden-Württemberg darauf hin,
„diese zwei Kataloge gedanklich zusam-
menzuführen“, wie Graf betont. „Indem
bestimmte Vergütungselemente an Diag-
nosespektren gebunden sind, soll der ent-
sprechende Aufwand für typische Ver-
sorgungskonstellationen oder Patienten-
klientele bestmöglich abgebildet wer-
den.“ Dies zeigt sich besonders in den
Facharztverträgen.
„In allen Ver-
trägen sind die
Zusatzpauschalen
abhängig von der
Kodierung der
Diagnosen.“
Ass. jur. Frank Hofmann,
Vorstand der MEDIVERBUND AG
Für Kardiologen betrifft das zum Bei-
spiel die Pauschalen P1 a–e (kardiolo-
gische leitliniengerechte Versorgung bei
Herzinsuffizienz, KHK, Herzrhythmus-
störungen, Vitien oder Hypertonie). Pa-
tienten mit Herzinsuffizienz etwa, die
einen erhöhten Behandlungsaufwand
erfordern, führen nach dieser Logik zu
höheren Zusatzvergütungspauschalen
als Patienten mit leichtem Bluthoch-
druck. Im PNP-Vertrag (Psychiatrie/
Neurologie/Psychotherapie) lässt sich
dieses Prinzip an einer Vergütungspo-
sition in der Akutversorgung verdeutli-
chen. Beginnen Ärzte beziehungsweise
Psychotherapeuten in dringenden Fäl-
len, definiert durch eine entsprechende
Verschlüsselung im ICD-10 Katalog,
rasch mit der Psychotherapie, erhalten
sie für bis zu zehn Therapieeinheiten pro
Einheit eine höhere Vergütung als für
andere Patienten.
Das Grundprinzip besteht darin, dass
die hausärztliche Versorgung kaum über
einzelne Verrichtungen beziehungswei-
se Einzelleistungen abgebildet werden
kann. Deshalb folgt die Vergütungshöhe
in der HZV der jeweiligen Schwere der
Krankheit, etwa in Abhängigkeit von
chronischen Erkrankungen oder von
Multimorbidität.
Hilfestellung der Vertragspartner
„Diese Philosophie der Verträge und
auch die Refinanzierungslogik sind vom
Grundsatz her akzeptiert“, berichtet
Ass. jur. Frank Hofmann, Vorstand der
MEDIVERBUND AG. Doch bei der
konkreten Umsetzung bestehe hoher In-
formationsbedarf. „Da gibt es praktische
Probleme“, räumt der Jurist ein. MEDI
bietet daher bei Einführung eines neuen
Facharztvertrages Schulungen an. Darü-
ber hinaus kommen Kodierthemen auch
in den laufenden Abrechnungs- und
EVA-Schulungen zur Sprache. Außer-
dem verteilt der Verbund über diverse
Medien praktische Kodierhilfen.
„Kein Mensch
kann von einem
Arzt verlangen,
die entsprechenden
ICD-10-Codes
alle auswendig
zu kennen.“
Ivo Weiß, Geschäftsführer der HÄVG AG
in Baden-Württemberg
Ivo Weiß ergänzt, dass die HÄVG Hilfe-
stellungen in dem Moment anbietet, in
dem die Diagnose gestellt wird, zum
Beispiel bei einem Diabetes ohne Kom-
plikationen. „Bei Diabetes gibt es ja über
20 verschiedene Diagnosen“, sagt der
diplomierte Volkswirt. Entsprechende
Abrechnungssoftware bietet dann die
Möglichkeit, alle Diagnosen mit Ver-
schlüsselungen zum Krankheitsbild
Diabetes anzuzeigen.
Die AOK bietet mit ihrem Arzt-Part-
ner-Service (APS) zusätzlich einen direk-
ten persönlichen Ansprechpartner. Zwei-
bis dreimal pro Jahr informieren die APS-
Mitarbeiterinnen und -mitarbeiter über
Neuerungen und Wissenswertes rund
um DMP und Selektivverträge, darunter
auch zu grundsätzlichen Kodierthemen,
etwa Neuerungen im Klassifikations-
modell oder in den ICD-basierten Ver-
gütungsregelungen. Neben allgemeinen
Fragen für die korrekte Diagnoseerfassung
1. Sind alle Diagnosen möglichst spezifisch verschlüsselt?
2. Denke ich bei jeder Arzneimittelverordnung an die dazugehörende
Diagnose?
3. Habe ich alle chronischen Erkrankungen dauerhaft gespeichert?
4. Verwende ich keine Akutdiagnosen (stationäre Diagnosen) dauerhaft?
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